
Vor dem Hintergrund zunehmender Bedrohungen gegen queere Veranstaltungen in Deutschland bereitet sich auch Münster auf den diesjährigen Christopher Street Day (CSD) vor. Während in anderen Städten – etwa Gelsenkirchen – Veranstaltungen aus Sorge um die Sicherheit abgesagt werden mussten, zeigt sich Rebecca Broermann, Sprecherin des CSD Münster, im Gespräch insgesamt optimistisch.
„Münster ist zum Glück ein eigenes Pflaster“, sagt Broermann im Gespräch mit unserer Redaktion. Zwar seien auch hier negative Entwicklungen im Umgang mit queeren Menschen zu beobachten, jedoch in deutlich abgeschwächter Form. Man sei sich dieses Privilegs bewusst. Aktuell gebe es keine konkreten Bedrohungen im Vorfeld des CSD am 30. August. Dennoch bereite sich das Organisationsteam auch auf mögliche kurzfristige Szenarien vor. Ein Phänomen, das bereits länger beobachtet werde, sei das gezielte Filmen und Fotografieren von Teilnehmenden durch als queerfeindlich bekannte Personen am Rand öffentlicher Veranstaltungen. Auch in den sozialen Medien nehme die Zahl radikaler Kommentare unter queeren Postings zu.
Im Austausch mit anderen CSD-Gruppen, etwa über den CSD Deutschland e.V., erfahre man regelmäßig von teils angespannten Lagen anderswo. In manchen Städten würden gezielt Gegendemonstrationen angemeldet. Besonders im Osten Deutschlands verschlechtere sich das Klima spürbar. Dort habe der CSD oft einen noch deutlich politischen Charakter und erinnere stärker an die Wurzeln der Bewegung, wie den Stonewall-Aufstand von 1969. „Wenn wir die Kapazitäten hätten, würden wir durch Präsenz all diese CSDs besuchen und unterstützen“, so Broermann.

Für den 30. August ist der CSD in Münster fest eingeplant. Die Organisator:innen stehen in engem Austausch mit der Polizei Münster. Besonders die beiden Queerbeauftragten Barbara Winkler und Rebecca Nockemann unterstützen die Planungen. In einem anstehenden Treffen sollen die Sicherheitsvorkehrungen noch konkretisiert werden. „Uns ist bewusst, dass jeder CSD bedroht werden kann. Aber wir stehen auch dafür ein, dass in diesen Zeiten jeder CSD, der stattfindet, umso wichtiger geworden ist“, betont Broermann.
Kommentar: Wovor habt ihr Angst?
In Pforzheim hatte die rechte Organisation „Störtrupp Süd“ unter dem Motto „Für traditionelle Werte“ zu einer CSD-Gegendemo aufgerufen, in Wetzlar war es „Die Heimat“ – Nachfolgeorganisation der NPD – die ebenfalls zur Gegendemo aufrief. In Gelsenkirchen wurde der CSD im vergangenen Jahr aus Sicherheitsgründen kurzfristig abgesagt, Grund war eine „abstrakte Gefahrenlage“. Ungefähr so abstrakt dürften die Motive derjenigen sein, die den CSD verhindern oder zumindest stören wollen. Wenn hunderte Menschen miteinander feiern, sich für Anerkennung und Toleranz engagieren und das Ganze auch noch bunt, fröhlich, fantasievoll und friedlich, wo ist dann bitte das Problem?
Warum ist es notwendig, dass die Polizei solche Veranstaltungen begleitet, um dafür zu sorgen, dass keine Übergriffe stattfinden? Wer angesichts einer Regenbogenfahne Wutausbrüche bekommt oder bei der Begegnung mit Trans* Menschen den Untergang des Abendlandes voraussieht, hat möglicherweise das größte Problem mit sich selbst. Und wenn es schon um unsere „traditionellen Werte“ geht, kein Problem, die wurden für solche Fälle sogar verschriftlicht, nennt sich Grundgesetz. Die Lektüre lohnt sich! Ich wünsche Münster jedenfalls am 30. August einen schönen, bunten, lauten, fröhlichen und vor allem friedlichen CSD bei schönstem Wetter!
Kommentar: Michael Bührke
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