
Heute kamen etwa 130 Rechtsextreme nach Münster, um mit einem Aufmarsch dafür zu demonstrieren, dass der als „SS-Siggi“ bekannte Siegfried Borchardt eine in ihren Augen „würdige Grabplatte“ bekommt. Dabei wurden sie von insgesamt etwa 1.200 Gegendemonstranten an fünf Versammlungsorten empfangen, die meisten waren schon seit Mittag am Bahnhof dabei und bescherten den Rechten einen wahren Spießrutenlauf. Der wichtigste Player war heute aber die Polizei, die alles daran setzte, beide Seiten auseinander zu halten und auf Einhaltung der gesetzlichen Vorgaben pochte. Dabei ging es mal um Vermummung und mal um die zahlreichen schwarz-weiß-roten Fahnen, die von den Neonazis auf ihrem Marsch mitgeführt wurden.

Dass der ursprünglich geplante Ort der rechten Demo vor dem Oberverwaltungsgericht an der Aegidiistraße nicht erreicht werde, wertete Carsten Peters, Sprecher des Bündnisses „Keinen Meter den Nazis“, in seiner Eröffnungsrede als ersten Erfolg. In Münster habe sich antifaschistischer Widerstand in der Vergangenheit bewährt, sagte er mit Blick auf frühere blockierte Aufmärsche rechter Gruppen. Münster sei deshalb keine Hochburg rechter Aktivitäten, was sich auch im geringen Einfluss der AfD vor Ort zeige. Peters kritisierte die gesamtgesellschaftliche Rechtsentwicklung und rief dazu auf, sich weiterhin für eine solidarische und demokratische Gesellschaft einzusetzen.
Anders am 31. Mai, als mehrere Sitzblockaden auf der geplanten Strecke dazu führten, dass der Demonstrationszug der Rechten und Schwurbler umgeleitet werden musste, ließ die Polizei solche Dinge heute nicht mehr zu. Der von ihr vorgegebene Verlauf der rechten Demo ließ sich besser absperren, und das wurde auch gemacht. Selbst Zugänge zu sonst offenen Hinterhöfen oder Hintereingänge von Läden, wie dem REWE in der Von-Steuben-Straße, wurden abgeriegelt, damit keine Gegendemonstranten mit spontanen Aktionen den Ablauf stören.
Letztendlich hielt aber die Polizei selbst den Aufmarsch der rechtsextremen Demonstranten auf, kaum war der Zug gegen 15 Uhr in die Hafenstraße abgebogen. Die Anordnung der Fahnen werde kontrolliert, hieß es. Und das dauerte. „Egal was wir tun – sie wollen uns nicht gehen lassen“, warf der bekannte Dortmunder Neonazi Thomas Wulff, der sich gerne „Steiner“ nennen lässt, der Polizei vor. Ein anderer Sprecher der rechten Demo sprach von einer „politischen Polizei“, die ihren Aufmarsch aus irgendeinem Büro heraus über den Monitor verfolgen würde und den Einsatzkräften vor Ort Anweisungen geben würde. Dabei würden die Polizisten hier auf der Straße doch bestimmt lieber ihren Demonstrationszug wie geplant begleiten, behauptete er.
Eine gute Stunde mussten alle warten, bis der Einsatzleiter der Polizei per Lautsprecher verkündete, dass man bei der rechten Demo einen Verstoß gegen das NRW-Versammlungsgesetz festgestellt hat. „Die Polizeiführung hat entschieden, dass das Auftreten innerhalb der Versammlung – das Tragen der Fahnen in einer gewissen Reihe und die Anzahl der Fahnen – einem paramilitärischen Auftreten entspricht“ – und das verstößt nun mal gegen § 18, Absatz 1 dieses Landesgesetzes. Nach und nach zogen die Beamten alle Fahnenträger aus den Reihen heraus, um ihre Personalien festzustellen.
Tatsächlich wirkte die rechte Demo auf ihrem Marsch vom Bahnhof bis hierhin mit ihren wehenden Fahnen ziemlich martialisch und nach mehr, als die gerade mal 130 Personen, die dabei mitgelaufen sind. Fast drei Stunden, nachdem die Demonstranten dabei von der Polizei angehalten wurden, ging es dann für sie weiter bis zum Ludgeriplatz, wo bis zu dem Zeitpunkt noch etwa 200 Gegendemonstranten auf sie gewartet hatten. Die standen allerdings hinter den zahlreich aufgestellten Absperrungen am Kreisverkehr, um ihre antifaschistischen Rufe zu skandieren, während die Rechten in gewisser Entfernung auf dem Parkplatz ihre Reden hielten.
So geordnet und getrennt wollte die Polizei es gerne haben, das wurde den ganzen Tag über deutlich. Daher wurden diese „Berliner Gitter“ von ihr schon ab Vormittag zahlreich rund um den Eingang zum Hauptbahnhof aufgestellt, sogar in der Bahnhofshalle bis zum Gleis 3. Obwohl die Polizei die Straße vor dem Bahnhof stundenlang für den Verkehr gesperrt hatte, durften Gegendemonstranten sie nicht betreten. Sie wurden mit dem Argument, dass die Straße nicht zur angemeldeten Versammlungsfläche gehöre, erst aufgefordert und dann auch schon mal körperlich zurückgedrängt.
Auseinandersetzungen zwischen Polizisten und Gegendemonstranten hat es wohl an mehreren Stellen der Stadt gegeben. So griffen Beamte an der Herwarthstraße ein, als sie auf eine „nicht angemeldete Versammlung“ (so eine Polizeisprecherin) stießen, bei denen die Teilnehmer vermummt gewesen seien. Hier soll es Augenzeugen zufolge auch zu Handgreiflichkeiten von Polizisten gegen Unbeteiligte gekommen sein. Laut Polizei hat es dort aber „keine Zwangsmaßnahmen“ gegeben. Ähnliche Berichte wurden uns auch von der Hammer Straße zugetragen.
Alles in allem ist festzustellen, dass die Polizei heute das Geschehen fest im Griff behalten und keinerlei Abweichung von den Anmeldungen zulassen wollte, die für solche Demonstrationen unerlässlich sind. Das hat sie heute den Demonstranten auf beiden Seiten der Gitter deutlich spüren lassen. Insgesamt wurde 75 Strafanzeigen gestellt, unter anderem wegen Straftaten nach dem Versammlungsgesetz (69), Körperverletzung (1), Bedrohung (1) und Beleidigung (2). Zwei Personen wurden wegen Widerstandes in Gewahrsam genommen, auch in diesen Fällen gab es entsprechende Anzeigen.
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