„Ein rätselhafter Schimmer“ feierte Jubiläum Die Multi-Media-Revue mit dem Grafiker Robert Nippoldt und dem Trio Größenwahn feierte am Donnerstag ihr 10-jähriges Jubiläum im Theater Münster

Zum Jubiläum zeigten Robert Nippoldt und das Trio Größenwahn ihr Programm „Ein rätselhafter Schimmer“ auf der großen Bühne im Theater Münster. (Foto: Thomas M. Weber)

Zum zehnjährigen Jubiläum ihrer beliebten Show „Ein rätselhafter Schimmer“ haben Grafiker Robert Nippoldt und das Trio Größenwahn am Donnerstag das Publikum im ausverkauften Großen Haus im Theater Münster wieder einmal begeistert. Am Schluss spendierte es den Künstlern gleich mehrmals stehenden Applaus, wofür es mit einer hinreißend blödelnden Parodie auf Enrico Caruso als Zugabe belohnt wurde.

Dieses Programm, das mit Liedern und vielen grafischen Ideen in das Berlin der 1920er Jahre entführt, dürften sicher viele Zuschauer irgendwann schon einmal gesehen haben, sei es im im Theater Münster, dem Kreativhaus, der Friedenskapelle oder sogar bei der Uraufführung 2015 im Kleinen Bühnenboden. Aber da die vier es über die Jahre immer weiter entwickelt haben, gibt es auch für diese Kenner immer wieder etwas Neues zu entdecken.

Sängerin Lotta Stein, Bassist Christoph Kopp und Pianist Christian Manchen sind das „Trio Größenwahn“. (Foto: Thomas M. Weber)

Natürlich waren aber auch die geradezu schon klassischen Szenen erneut zu erleben, die jeder lieb gewonnen hat, der die Show einmal gesehen hat. Wie die Seeräuber-Jenny aus der „Dreigroschenoper“ mit den schönen Scherenschnitten oder „Die Reichskanzler der Weimarer Republik in 3 Minuten“, wo deren von Nippoldt auf Spielkarten gezeichneten Konterfeis so lange zu sehen sind, wie es ihrer Amtszeit entspricht. Pro Monat eine Sekunde, gemessen mit einer klassischen Stoppuhr, was die Fragilität der damaligen Demokratie besser verdeutlicht, als so manche Geschichtsstunde.

Wie im Interview vorige Woche angekündigt, kamen zum Jubiläum im Theater Münster auch einige Szenen auf die Bühne, die inzwischen eigentlich schon wieder aus dem Programm gefallen waren, wie der tanzende Pharao. Auch das vielleicht ein wenig zu exzessiv vorgestellte frühe elektronisches Musikinstrument, das der Russe Lew Termen 1920 erfunden hat, dürfte sonst nicht zur regulären Show gehören. Seltsamerweise nannten die Bühnenkünstler dieses Ätherwelleninstrument nicht bei seinem heute gebräuchlichen Namen Theremin. Aber das gehört wohl zur Attitüde, sich dem Zeitgeist jener Jahre zu nähern.

Auf so eine große Bühne passt auch eine große Leinwand, um die Grafiken von Robert Nippoldt so richtig in Szene zu setzen. (Foto: Thomas M. Weber)

Zusammen gehalten wurde die Revue wieder durch die Lieder der Wilden Zwanziger Jahre. Wie immer meistens von Lotta Stein gesungen und geradezu in Szene gesetzt. Nicht nur mit manchmal atemberaubenden Kostümwechseln, sondern auch schauspielerisch und als Tänzerin der damaligen Modetänze, wie dem Charleston. Dieser Aspekt scheint über die Jahre immer stärker geworden zu sein und bringt neben den Grafiken von Robert Nippoldt ordentlich Leben in die Lieder.

Einige von ihnen klingen für heutige Ohren unerwartet modern, wie das Friedrich Hollaender-Couplet „Ich hätt‘ so gerne Sex-Appeal“, mit dem die französische Diseuse Margo Lion einst aufgetreten ist. Natürlich waren die wohlbekannten Klassiker wieder dabei, wie „Ich bin von Kopf bis Fuß auf Liebe eingestellt“. Das hat nicht nur Marlene Dietrich in dem frühen Tonfilm „Der blaue Engel“ berühmt gemacht, sondern mit seiner Eingangszeile „Ein rätselhafter Schimmer…“ der Revue von Nippoldt & Co. auch ihren Namen gegeben.

Robert Nippoldt saß wie immer bei dieser Show fast ausschließlich an seinem Zeichentisch am Rand der Bühne. (Foto: Thomas M. Weber)

Neben Lotta Stein gehören Christoph Kopp am Bass und Christian Manchen am Klavier zur Stammbesetzung des Trios, die beide hin und wieder auch singen. Gelegentlich werden sie aber vertreten, und all ihre Vertreter kamen zur Feier des Tages am Donnerstag auch auf die Bühne: Jakob Reinhardt, Philip Ritter und Julian Walleck haben im zweiten Teil des Abends nicht nur für eine Weile die Instrumente übernommen, sondern auch einige der Lieder aus dem Programm gesungen. Und wie bei manchen Auftritten vergangener Jahre, komplettierte Markus Münsterteicher am Saxophon den Klang der Band bei Stücken wie „Tea for Two“. Wo schon mal so viele Musiker auf der Bühne waren, schmetterten sie alle das für dieses Jubiläum passende und über die Jahrzehnte hinweg wohl auch bekannteste Lied jener Zeit gemeinsam: „Ein Freund, ein guter Freund“ aus der Tonfilm-Operette “Die Drei von der Tankstelle”.

Getoppt wurde das Ganze mit der letzten Zugabe, einer wirklich witzigen Parodie auf den Star-Tenor des frühen 20. Jahrhunderts: Enrico Caruso, der „aus bekannten Gründen seit gut 100 Jahren verhindert ist“. Als Spiegeltrick, wie sonst die Zeichnungen auf die große Leinwand projiziert und von Robert Nippoldt mit allerlei seltsamen Accessoires ausstaffiert, sang Lotta Stein mit gespielter Inbrunst. Kein Wunder, wenn danach wahrscheinlich alle das Theater mit einem Lächeln auf den Lippen verlassen haben.

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