Rechtsextreme wollen in Münster marschieren "Die Heimat“ will Druck auf Justiz ausüben / Hintergrund ist ein Grabstreit um "SS-Siggi" Siegfried Borchardt

Zuletzt zogen Anhänger der rechten Gruppierung "Gemeinsam für Deutschland" vor gut zwei Wochen durch die Stadt. Für Anfang Juli ruft nun die rechtsextreme Partei "Die Heimat" zu einer Demo in Münster auf. (Archiv-/ Symbolbild: Thomas Hölscher)
Zuletzt zogen Anhänger der rechten Gruppierung „Gemeinsam für Deutschland“ vor gut zwei Wochen durch die Stadt. Für Anfang Juli ruft nun die rechtsextreme Partei „Die Heimat“ zu einer Demo in Münster auf. (Archiv-/ Symbolbild: Thomas Hölscher)

Die vom Verfassungsschutz als rechtsextrem eingestufte Partei „Die Heimat“ ruft für den 5. Juli ab 14:00 Uhr zu einer Demonstration in Münster vor dem Hauptbahnhof auf. Anlass ist ein seit Jahren andauernder Rechtsstreit mit der Stadt Dortmund über die Gestaltung des Grabsteins von Siegfried „Siggi“ Borchardt, einer zentralen Figur der rechtsextremen Szene in Nordrhein-Westfalen, der 2021 verstarb. Bei der Versammlungsbehörde in Münster ist jedoch bislang keine Anmeldung eingegangen, der Gegenprotest formiert sich aber schon jetzt.

Der Demonstrationsort Münster ist dabei gezielt gewählt: Dort befindet sich das Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen, das über die Berufung im Streit um die Grabinschrift zu entscheiden hat. Laut Angaben der Partei liegt das Verfahren dort seit zwei Jahren ohne Terminierung. In einem Demoaufruf in einem entsprechenden Telegram-Kanal ist von einer „Verzögerung aus politischem Kalkül“ die Rede – die Partei will mit der Kundgebung offenbar öffentlichen Druck auf die Justiz ausüben.

Demo als „Ehrensache“

In dem Aufruf wird zudem scharfe Kritik an Dortmunder Verwaltungsvertretern geübt, darunter Oberbürgermeister Thomas Westphal (SPD). Ihm und weiteren Amtsträgern wird vorgeworfen, Borchardts Andenken aus „Hass gegen einen Toten“ zu unterdrücken. Der Tonfall des Aufrufs ist bewusst konfrontativ gehalten. Die Demonstration wird als „Ehrensache“ für Anhängerinnen und Anhänger inszeniert – insbesondere für ehemalige Weggefährten Borchardts sowie eine jüngere Generation der Szene.

„Die Heimat“ war bis Mitte 2023 unter dem Namen NPD aktiv und gilt als Nachfolgeorganisation verschiedener rechtsextremer Netzwerke. Einer ihrer prägenden Unterstützer war über Jahrzehnte hinweg Siegfried Borchardt, auch bekannt als „SS‑Siggi“. Der Dortmunder Neonazi war in den 1980er‑Jahren Mitbegründer der inzwischen verbotenen Freiheitlichen Deutschen Arbeiterpartei (FAP) und organisierte mit der „Borussenfront“ einen rechtsextremen, gewaltbereiten Hooligan-Fanclub rund um Borussia Dortmund.

Identifikationsfigur für rechtsextreme Kreise

Auch in späteren Jahren blieb er eine Schlüsselfigur der Szene – unter anderem als Parteifunktionär von „Die Rechte“, einer mittlerweile aufgelösten neonazistischen Partei. 2014 zog Borchardt für „Die Rechte“ in den Dortmunder Stadtrat ein, trat aber nach kurzer Zeit wieder zurück. Bis zu seinem Tod blieb er eine Identifikationsfigur für rechtsextreme Kreise in Nordrhein-Westfalen. Sicherheitsbehörden stufen Dortmund seit vielen Jahren als bundesweiten Schwerpunkt rechtsextremer Aktivitäten ein.

Noch keine Anmeldung bei Versammlungsbehörde, Gegenprotest formiert sich

Bei der zuständigen Versammlungsbehörde in Münster liegt bislang allerdings noch keine entsprechende Anmeldung zur Versammlung vor, wie eine Polizeisprecherin auf Anfrage unserer Redaktion erklärte. Wohl aber eine frisch angezeigte und noch nicht bestätigte Gegendemonstration des „Keinen Meter den Nazis“ Bündnis. Der Protest soll in der Zeit von 14:00 bis 18:00 Uhr am Oberverwaltungsgericht am Aegidiikirchplatz stattfinden. Bündnissprecher Carsten Peters: „Wir werden wieder auf die Straße gegen die Nazis gehen, um deutlich zu machen, dass es für faschistische Denke und Faschismus keinen Platz geben darf. Münster bleibt stabil!“

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