
Münster: An jeder Ecke eine Skulptur – also fast. Und jede gehört irgendjemandem und wurde irgendwann von irgendwem gemacht, soviel ist klar. Tatsächlich? Auf einer Grünfläche hinter dem Stadthaus 2 steht möglicherweise eine Ausnahme, die Skulptur eines Menschen mit einem Hammer scheint herrenlos zu sein. Weder ist bekannt, wem das Werk eigentlich gehört, noch, wer es geschaffen hat.
Die kleine Rasenfläche hinter dem Stadthaus 2 wirkt etwas verloren zwischen einem Garagenhof und der eindrucksvollen Fassade des hohen Verwaltungsgebäudes. Vielen dient sie als Schleichweg zwischen der Hammer Straße am Kreisel und der Südstraße. Ein bisschen ist sie auch wie eine kleine grüne Oase in unmittelbarer Nähe zum Verkehrsknotenpunkt Ludgeriplatz. Auf der Rasenfläche stehen zwei Skulpturen und das wohl schon sehr lange. Beide ähneln sich in Größe und Material, optisch hingegen unterscheiden sie sich deutlich. Während die eine gut erkennbar eine Frau mit einem Kind darstellt, ist die andere wesentlich abstrakter. In weichen Formen ist ein Mensch zu erkennen, der einen offenbar sehr schweren, großen Hammer schleppt. Witzbolde könnten hier einen Bezug zur nahegelegenen Hammer Straße vermuten.
Hilde Schürk-Frisch war’s schon mal nicht

Ein Anfrage bei der Stadt Münster sorgt zumindest zum Teil für rasche Klarheit: „Eine der Skulpturen konnte bereits identifiziert werden. ‚Mutter mit Kind‘ ist ein Werk der Künstlerin Hilde Schürk-Frisch und eine Leihgabe der Sparkasse Münsterland Ost“, wie Martin Füser vom städtischen Amt für Kommunikation berichtet. Schürk-Frisch wurde 1915 in Ennigerloh geboren und lebte lange Zeit in Münster, wo sie 2008 auch starb. 2015 widmete das Stadtmuseum der Künstlerin eine Jubiläumsausstellung. Die Figur „Mutter mit Kind“ stammt aus dem Jahr 1949/1950, wie Dr. Uwe Koch, Leiter der Kommunikation der Sparkasse Münsterland Ost, anhand einer älteren Veröffentlichung darlegt. Über die Figur mit dem Hammer steht dort indes nichts.
Eines ist aber klar, die Figur mit dem Hammer stammt nicht von der Schöpferin der anderen Skulptur. „Leider konnte auch das Stadtmuseum nicht in Erfahrung bringen, wer die zweite Skulptur hinter dem Stadthaus 2 geschaffen hat. Als gesichert gilt, dass sie nicht von Hilde Schürk-Frisch stammt“, berichtet Cordula Spangenberg vom Kommunikationsamt. Nachfragen des Amtes für Kommunikation in verschiedenen weiteren Ämtern der Stadtverwaltung und im Stadtmuseum brachten kein Licht ins Dunkel. Auch Barbara Vogt, Tochter von Hilde Schürk-Frisch, hat keinerlei Informationen zu der Figur mit dem Hammer: „Ich kann Ihnen zu meinem Bedauern nichts zu Ihrer Frage sagen. In den mir zugänglichen Unterlagen habe ich dazu nichts gefunden.“
Helft mit!
Das Stadthaus 2 wurde 1961 bis 1963 gebaut und diente zunächst als Verwaltungssitz des damaligen Landkreises Münster, seit 1975 befindet es sich in der heutigen Funktion. Architekt war Harald Deilmann, der auch für das Stadttheater, die WestLotto-Gebäude oder das markante Gebäude der West LB (heute LBS) am Aasee verantwortlich zeichnete. Wurden die beiden Skulpturen zur Eröffnung des imposanten Neubaus gewissermaßen in dessen Garten aufgestellt? Die sorgende Mutter, die mit ihrem Kind spielt auf der einen, der hart arbeitende Vater auf der anderen Seite? Ein Rollenbild, das durchaus in die damalige Zeit passen würde. Die Rasenfläche jedenfalls ist in städtischem Besitz, wie Stefan Wilmer vom Vermessungs- und Katasteramt bestätigt. Um die bauliche Betreuung kümmert sich das Amt für Immobilienmanagement in Rücksprache mit dem Kulturamt.
Eine Aufstellung der Kunst im öffentlichen Raum ist bei der Stadt aktuell in der Mache, wie Füser berichtet: „Die Skulpturen der Stadt Münster sind weitestgehend erfasst, jedoch noch nicht vollständig. Die Verwaltung arbeitet daran, alle Skulpturen im öffentlichen Besitz zu verzeichnen.“ Soll hinter dem Stadthaus 2 auf dieser Karte ein weißer Fleck bleiben? Wir sagen nein! Also schreibt uns, wenn ihr etwas über diese Skulptur wissen solltet. Verbinden euch Geschichten mit dem Menschen, der den schweren Mottek schleppt? Helft mit, das Geheimnis zu lüften!
UPDATE (12.07.2025): Die Künstlerin wurde identifiziert!
Zumindest der Name der Künstlerin und das Datum der Erstellung konnten herausgefunden werden. Das Werk wurde von der Hiltruper Bildhauerin Marietta Hanses-Koering im Jahr 1981 geschaffen. Hanses-Koering lebte von 1903 bis 1985, der ausdrucksstarke „Mann mit dem Hammer“ entstand also vier Jahre vor ihrem Tod. Ein weiteres Werk der Künstlerin, die „Diskuswerferin“, steht vor dem Hiltruper Heimatmuseum. Viel ist nicht über die Künstlerin bekannt. 1933 war sie Schützenkönigin des Schützenvereins „St. Hubertus Sprakel 1719 e.V.“. Sie war die Tochter eines Forstkulturunternehmers, der in Sprakel große Flächen besaß. Mit ihrem Mann baute sie das Unternehmen weiter aus. Der Architekt Harald Deilmann, der das Stadthaus 2 entworfen hat, war mit der Familie bekannt und plante 1973 deren modernes Wohnhaus. Möglicherweise entstand aus dieser Bekanntschaft die Idee, hinter dem Stadthaus 2 die Skulptur des Mannes mit dem Hammer zu installieren.