Der schwierige Weg zum neugeborenen König Eine nicht ganz stressfreie Fahrt nach Telgte

Das RELiGIO in Telgte bei Tageslicht. (Foto: Bührke)
Das RELiGIO in Telgte bei Tageslicht. (Foto: Bührke)

Unser Gastautor Josef Scheller begibt sich mit drei Passagierinnen an Bord auf die Suche nach dem heiligen Kind, das man im Münsterland natürlich am ehesten in Telgte erwarten darf. Dass dabei weder die Fahrt dorthin, noch das Auffinden des RELiGIO im Wallfahrtsort vollkommen störungsfrei abläuft, versteht sich von selbst. Unser Beitrag zum heutigen Dreikönigstag.

“Wo ist der neugeborene König?”, das werden sich auch wohl die Weisen aus dem Morgenland Kamel reitend auf ihrem Weg nach Judäa gefragt haben. Aber nicht nur im Morgenland, auch in Münster leben gläubige Christkind-Sucher*innen, die alle Jahre wieder von der Stillen, Heiligen Nacht in der RELiGIO, Telgte fasziniert sind. Sie fühlen sich fast schon verpflichtet das neugeborene Kind – oder besser: die enorme Vielzahl der kleinen Jesusse in Telgte – zu besuchen. Ihrer Bitte um eine Fahrgelegenheit folgend, machte ich mich mit  meinen Wallfahrerinnen auf den Weg. Ich bepackte mein Kamel (kleiner Audi A 1) mit Rollatoren im Kofferraum und meinen das Jesulein suchenden, winterlich gekleideten drei Passantinnen. Wegen des regnerischen Wetters konnten wir uns nicht auf einen leuchtenden Stern verlassen, sondern mussten der modernen Navi-Technik folgen, die allerdings wegen einer Vielzahl von Baustellen mehrere Umfahrungen kannte, jedoch nicht mehr den richtigen Weg zur Krippe aufzeigte. So gelangten wir deutlich verspätet bei totaler Dunkelheit am Knickenbergplatz an.

Eben noch schnell die Parkscheibe ins Fenster legen... (Foto: Bührke)
Eben noch schnell die Parkscheibe ins Fenster legen… (Foto: Bührke)

Endlich dort viel später als gewünscht angekommen, waren die wenigen Behindertenparkplätze besetzt, lediglich ein geräumiger Mutter-Kind-Platz war noch frei. Obwohl für uns ein Parken auf diesem Platz biologisch betrachtet straffrei gewesen wäre, Mutter (97) und Kind (74) waren an Bord, traute ich mich nicht, dort zu parken. Ich suchte nach einer allgemeinen Abstellmöglichkeit und fand sie wegen herumliegendem Laub und sonstigem dort nicht hingehörenden Unrat schließlich ganz am Ende einer schummrig düsteren Parkfläche. Ich bugsierte die auf den harten Rücksitzen wegen der Enge eingepferchten Pilgerinnen aus dem PKW, sattelte die modernen Rollatoren, legte noch fix und ohne lange zu schauen die blaue Parkscheibe ein, verschloss das Fahrzeug und auf ging’s in Richtung RELiGIO.

Auf dem dunklen Weg dorthin leuchtete uns kein heller Stern sondern nur ein winziges Lichtlein auf. Wir folgten nun einem sehr großen Licht in der Ferne und landeten in der liebevoll geschmückten Gnadenkappelle. Aber der dortige schon große Mann, am leicht gekrümmten Arm seiner liebevollen Mutter anlehnend, konnte doch nicht der kleine Jesus aus der hölzernen Krippe sein, den wir besuchen wollten. Um es noch besser bewerten zu können, sprachen alle zunächst ein stilles Gebet und entzündeten zusätzlich etliche sicherlich gesegnete jedoch nicht unbedingt preiswerte Teelichte. Ergebnis: Fehlanzeige, das ist nicht das Christkind, welches wir suchen. Ich fragte dann einen vorbeilaufenden, Mitte 30er Jogger nach dem Stadt-t-halter, der uns sicher helfen würde. Er sagte mir: „Unser Stadtoberhaupt heißt nicht Herr Rodes sondern Herr Piper“. Nach dem neugeborenen Baby wagte ich gar nicht mehr zu fragen, denn diese Sportskanone hätte uns ganz sicher zur Geburtsstation ins St. Franziskus-Hospital zurück nach Münster geschickt.

Schlussendlich erreichten wir nach weiterem Suchen keinen maroden Stall sondern ein sehr modernes Gebäude, in dem viele kleine Jesuskinder mit ihren Eltern und dem Gefolge auf uns warteten. Leider war bei uns wegen der langwierigen Anreise und Parkplatzsuche Eile angesagt. Das Personal der RELiGIO wollte gerne schließen. Nach viel zu kurzer Besichtigung der Krippenausstellung und dem Kauf von Gesundheit erhaltenden Plätzchen sowie ein paar Mini-Devotionalien machten wir uns bei Wind und Wetter durch den Berufsverkehr auf die Rückreise zurück nach Münster. In unserer Wohnung genossen wir noch einen heißen Hibiskus-Biohonig-Kräutertee und mundweiche Fair-Trade-Kekse. Danach verließen uns unsere dankbaren Seniorinnen mit einem gut gemeinten Vergelt’s Gott und traten mit dem Linienbus ihren Heimweg an.

Erschöpft aber dennoch zufrieden nach dem Motto: Jeden Tag eine gute Tat, genossen meine Frau und ich den Restabend. Erst am anderen Tag sah ich an der Windschutzscheibe meines Autos ein ramponiertes Telgter Wallfahrtsort-Andenken. Solch ein Souvenir brachten die drei Weisen aus dem Morgenland ganz sicher nicht heim. Es war ein 10-Euro-Knöllchen für falsch eingestellte Parkzeit.

4 Kommentare

  1. Ich liebe den Humor und die Offenheit, mit der diese Geschichte erzählt wird! Die Erlebnisse der modernen “Weisen” aus Münster auf ihrer Suche nach dem Jesuskind sind voller Charme und Selbstironie. Besonders gelungen ist die Schilderung der unerwarteten Hindernisse, vom regnerischen Wetter über die Navi-Umwege bis hin zu den engen Parkplatzverhältnissen – alles kleine Abenteuer, die den Ausflug so lebendig und greifbar machen.

    Das Ende mit dem unfreiwilligen „Souvenir“ in Form eines Knöllchens ist der perfekte Abschluss, der die Geschichte mit einem Augenzwinkern abrundet. Man spürt, wie trotz aller Widrigkeiten der Glaube, der Zusammenhalt und die Freude am gemeinsamen Erlebnis im Vordergrund stehen. Eine wunderbar humorvolle Hommage an den Alltag, in dem selbst ein scheinbar einfacher Ausflug zur Krippe zu einer kleinen Pilgerreise voller Überraschungen wird.

    Ich würde mich sehr freuen, in Zukunft weitere Artikel von diesem Gastautor zu lesen :)

  2. Dieser Wissensdurst der Behörden hinsichtlich der persönlicher Aufenthaltsdauer…. Wenn dieser Informationsbedarf nicht angemessen nach Anlage 3, Nummer 11 der StVO gestillt wird, so werden keine Mühen gescheut, mit einem persönlichen Brief daran zu erinnern.

    Wäre es ein Kamel der alten Zeit, ohne Fahrgestellnummer und Kennzeichen gewesen, so wäre es schwer gewesen, den Halter ausfindig zu machen, geschweige denn, das Knöllchen ordnungsgerecht zu platzieren. So wussten die drei heiligen Könige damals schon, auf was es beim Transportmittel ankommt. :)

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert