Gemeinsam stark: Prominente Unterstützung bei BUNT statt BRAUN

Die Initiativen "Münster gegen PEGIDA" und "Keinen Meter den Nazis" setzen ein Zeichen. (Foto: th)
Die Initiativen „Münster gegen PEGIDA“ und „Keinen Meter den Nazis“ setzen ein Zeichen. (Foto: th)

Getragen von vielen demokratischen Gruppen, aber auch bekannten Persönlichkeiten aus Politik, Kunst und Kultur fand am Freitag eine Großveranstaltung unter dem Motto „Münster: BUNT statt BRAUN“ statt. Aufgerufen hatten dazu die Initiative Münster gegen PEGIDA und das Bündnis Keinen Meter den Nazis.

Nicht mal vier Wochen nach der ersten, sehr erfolgreichen Demo gelang es den Organisatoren um Stephan Orth zusammen mit Carsten Peters von Keinen Meter den Nazis erneut eine große Aktion mit Demonstration und Kundgebung auf die Beine zu stellen. Bereits in den ersten Reden am Hauptbahnhof, wo der Beginn des Demonstrationszuges für 16 Uhr festgelegt worden war, wird die Wichtigkeit der Aktion deutlich: Zahlen von ProAsyl für 2014 belegen einen erschreckenden Anstieg von Taten, die einen eindeutig ausländerfeindlichen Hintergrund haben. Denn mittlerweile ist auch für NRW bekannt, dass vor allem viele Naziorganisationen hinter Pegida stecken, wie die NPD oder auch ProNrw. Man ist froh, dass die unselige Konkurrenz ihren ursprünglichen Termin abgesagt hat; der 30. Januar als Tag der Machtergreifung Hitlers vor 82 Jahren wird als äußerst geschmacklos empfunden.

Die Organisatoren des Bündnisses Keinen Meter den Nazis rechnen zum Zeitpunkt der ersten Versammlung am Bremer Platz mit etwa 400 Teilnehmern, doch als der Demonstrationszug sich in Bewegung setzt, wird schnell klar, dass es bei dieser Teilnehmerzahl nicht bleiben wird. Die Polizei bestätigt auf Nachfrage, dass man ab Ecke Hansaring/Hafenstraße von etwa 1.200 Teilnehmern ausgeht.

Sprechchöre wie „Kein Mensch ist illegal – Bleiberecht, überall“ und „No border, no nation – stop deportation“ begleiten den Zug auf dem Weg zur nächsten Station am Ludgerikreisel, Stadthaus II.

Aber es wird nicht nur vor Pegida gewarnt – auch vor den Abspaltungen. Und der Integrationsrat der Stadt Münster findet klare Worte, wenn festgestellt wird: „Pegida kommt nicht aus dem Nichts.“ Oftmals einseitige Berichterstattung in den Medien, tendenzielle Buchveröffentlichungen, aber vor allem auch die Nicht-Zusammenarbeit mit verschiedenen Migrantenorganisationen seien das Ergebnis des gegenwärtigen Klimas. Aber die Kritik geht auch in die eigenen Reihen, wenn er mit Blick auf das Attentat in Paris und Boko Haram in Nigeria ermahnt: „Jeder normale Mensch weiß, dass solche Taten nichts mit Religion zu tun haben dürfen.“

Claudius Voigt von der Gemeinnützigen Gesellschaft zur Unterstützung Asylsuchender e. V. (GGUA) entlarvt Formulierungen wie „Ich bin kein Nazi, aber… ich bin nicht rechts, aber… ich habe nichts gegen Ausländer, aber …“ als „Aber-Rassismus“ und stellt fest, dass PEGIDA längst von der gesellschaftlichen Wirklichkeit überholt worden sei.

Bei "Verdamp lang her" stimmen auch NRW-Ministerian Svenja Schulze und Stephan Orth ausgelassen mit ein.  (Foto: th)
Bei „Verdamp lang her“ stimmen auch NRW-Ministerin Svenja Schulze und Stephan Orth ausgelassen mit ein.  (Foto: th)

Wieder setzt sich der Zug in Bewegung, nun bereits bei Dämmerung, und es geht zum letzten Versammlungspunkt vor der großen Vereinigung mit der Kundgebung von Münster gegen PEGIDA auf dem Domplatz. Pikanterweise führt der Demonstrationszug in der Ludgeristraße an einen in Münster bekannten Stand der Salafisten vorbei. Auf diesen Umstand angesprochen gibt Ratsherr Carsten Peters, Organisator von Keinen Meter den Nazis, ehrlich zu, dass der Umgang mit dieser extremen Gruppierung noch gefunden werden müsse, da man zu wenig Erfahrung habe.

 

Mehr als 6.000 Teilnehmer auf dem Domplatz

 

Mit kleiner Verspätung trifft der Demonstrationszug gegen 18.30 Uhr am Domplatz ein und die dortige Menschenmasse zeigt: Um ein Zeichen gegen Ausgrenzung durch Pegida zu setzen, reicht es allemal. Auf die Frage, ob er mit der Teilnehmerzahl zufrieden sei, findet Stephan Orth: „Egal, wie viele kommen – wenn nur einer umdenkt, ist viel erreicht!“ Und mit Blick auf einen etwa zeitgleich auf der Facebook-Seite von MÜNGIDA veröffentlichten Post, der vor Häme und Rechtschreibfehlern nur so trieft, reagiert Orth entsprechend entspannt: „Dazu sag ich nur: Der ‚getroffene Hund bellt‘. Die sollen erstmal 6.000 Leute bei so nem Wetter mobilisieren – für uns war das ein großer Erfolg.“

Die Donots in Minimalbesetzung, aber mit maximaler Überzeugung. (Foto: th)
Die Donots in Minimalbesetzung, aber mit maximaler Überzeugung. (Foto: th)

Der Domplatz ist voll. Und die verlesenen Grußworte auch derer, die nicht persönlich anwesend sein können – beispielsweise von Udo Lindenberg, Volker Pispers und Mickie Krause – machen deutlich: Wir stehen hinter euch! Wie bereits zuvor ist die gesamte Aktion aber nicht nur ein müdes Aneinanderreihen von Reden, sondern durchzogen mit Größen aus der Kunst- und Kulturszene. Auch der Kabarettist Christoph Tiemann lässt es sich nicht nehmen, Pegida und seinen Anhängern die Meinung zu sagen und witzelt über aktuelle Auflösungserscheinungen in bester Monty-Python-Manier: „Pegidische Volksfront“ – „Volksfront von Pegida“.

Bei klirrender Kälte ließen es sich auch Ingo und Guido von den „Donots“ nicht nehmen, Münster bei der Demonstration gegen Pegida zu unterstützen: „Es ist ein kleiner Beitrag und es tut nicht weh – außer den gefrorenen Füßen“, scherzte Sänger Ingo, „wenn wir was bewegen können; da wäre es Koketterie nicht mitzumachen.“ Und er ergänzte, dass er kürzlich nach Köln gezogen sei und dort auch bei den Demos gegen Pegida mitmache.

NRW-Ministerin Svenja Schulze, die kurz darauf ebenfalls eine Rede hielt, wippte bereits auf der Bühne zu den Donots. Sie stellte klar: „Man kann sich gerne politisch streiten, aber wenn so krude Ideen von Pegida kommen, dann ist es gut, wenn hier viele Menschen auf die Straße gehen.“ Sie ärgert die „herablassende Feigheit, die sich gegen die Schwächsten der Schwachen richtet.“

Mouhanad Khorchide plädiert für ein menschliches Miteinander. (Foto: th)
Mouhanad Khorchide plädiert für ein menschliches Miteinander. (Foto: th)

Seitens der Organisatoren ist man stolz, Mouhanad Khorchide, Professor der Islamischen Religionspädagogik an der Westfälischen Wilhelms-Universität (WWU) Münster, gewonnen zu haben. Er erzählt in seiner Ansprache von Migranten, die in der 3. Generation in Deutschland leben und in Urlauben in der Türkei oder Ägypten befragt nach ihrem Zuhause Deutschland angeben. Und für die die Frage „Gehört der Islam zu Deutschland“ nicht nach einer Auseinandersetzung mit historischen Entwicklungen klingt, sondern es komme ein „Gehören Moslems zu uns?“ an. Khorchide macht deutlich, dass die Grenze aber mitnichten zwischen Islam und Christentum verlaufe, „sondern zwischen menschenfreundlich und menschenfeindlich.“ Und er ruft zu sachlicher Auseinandersetzung auf, denn Themen wie der Bau von Moscheen und Minaretten, aber auch Kopftuch und Beschneidung seien Themen, die polarisierten. In der europäischen Kulturgeschichte hätte der Islam sehr wohl seinen Anteil gehabt und so schließt Khorchide seine Rede mit dem Appell speziell an die Moslems, sie mögen gucken, wie sie Europa bereichern könnten.

Am Ende des Tages hat Münster einmal mehr bewiesen, dass „braun“ hier keine Chance hat.

Mehr Bilder der Demonstrationen gibt es in unserer Fotostrecke, ein kleines Video ist hier zu sehen:

(Video: Geschonke)

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