10 Jahre „Ein Rätselhafter Schimmer“ Zum Jubiläum präsentieren Robert Nippoldt und das Trio Größenwahn ihre Multimedia-Show mit Livezeichnungen, Musik und Performance am 26. Juni im Theater Münster

Robert Nippoldt und das Trio Größenwahn präsentieren zum Jubiläum ihre Multimedia-Show mit Livezeichnungen, Musik und Performance am 26. Juni im Theater Münster.(Foto: Thomas Hölscher)

Fast genau zehn Jahre nach der Uraufführung bringen der Illustrator und Buchkünstler Robert Nippoldt und die Jazzmusiker des Trios Größenwahn ihr beliebtes Programm „Ein Rätselhafter Schimmer“ am kommenden Donnerstag (26. Juni 2025) auf die Bühne des Großen Hauses im Theater Münster. Die Stars des Abends sind dann wieder Pinsel, Farbe, Scherenschnitte und hunderte von beschrifteten Papierschnipseln, die zu einer ganz eigenen Mischung aus Livezeichnung, Theater und 20er-Jahre-Chansons verwoben werden. Wir haben vorab mit Sängerin Lotta Stein, Bassist Christoph Kopp und natürlich auch dem Zeichner Robert Nippoldt gesprochen. Und ja: Es gibt sogar noch ein paar Karten für diese einzigartige Show.

Spielten sie bei der Premiere im Jahr 2015 noch „vor Freunden und Familie“, wie es in der Ankündigung heißt, so hat sich die 20er-Jahre-Revue zu einer der erfolgreichsten Show-Produktionen Made in Münster entwickelt. Nach dem ersten Auftritt im „Kleinen Bühnenboden“ sind Robert Nippoldt und das Trio Größenwahn inzwischen weit herumgekommen, mit Engagements im Wintergarten Berlin, dem Pantheon Theater Bonn oder sogar auf AIDA-Schiffen – und auch im Theater Münster haben sie „Ein Rätselhafter Schimmer“ schon mal gezeigt. Mittlerweile haben sie weitere analoge Multimedia-Shows mit Livezeichnungen, Musik und Performance in ihrem Programm, wie „Der Große Gatsby“ und „Paper Moon – eine poetische Reise zu den Sternen“.

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Wo war denn eigentlich die Uraufführung vor 10 Jahren? Könnt ihr Euch noch an Details der Premiere erinnern? War es wirklich nur „vor Freunden und Familie“, wie ihr in der Ankündigung schreibt?

Lotta: Familie, Freunde, Kollegen, Bekannte… Wir waren auf jeden Fall total aufgeregt, weil der „Kleine Bühnenboden“ bis auf den letzten Zentimeter gefüllt war. Die Leute saßen uns praktisch auf dem Schoß. Dichter dran am Publikum waren wir nie wieder. Später am Abend haben wir im Überschwang unsere ganze Gage an den Bühnenboden verschenkt.

Christoph: Stimmt – das mit der Gage hat ich schon fast wieder vergessen. Aber ich weiß noch, dass ich bei den Proben vor der Premiere immer dachte: „ Oh Mann, das klappt niemals! Das ist alles viel zu kompliziert – wie soll das denn gehen, mit der ganzen Action am Zeichentisch und dann gleichzeitig mit der Musik“. Erst als Robert mit dem wunderschönen Scherenschnitten für die Seeräuber-Jenny bei einer Probe um die Ecke kam, wusste ich plötzlich: „Wow! Das wird schön!“.

Das Buch zur Show („Es wird Nacht im Berlin der Wilden Zwanziger“) ist erst 2017, also zwei Jahre später, erschienen. War die Idee zum Buch erst nach dem Erfolg mit der Show entstanden oder hat es sich von Beginn an parallel entwickelt?

Robert: Die Idee zum Buch war zuerst da. Ich war schon seit zwei Jahren mitten in der Entwicklung des Buches und steckte aber ein bisschen in der Sackgasse, als ich mir und dem Trio einen Showtermin auf einem Kreuzfahrtschiff aufbrummen ließ. Unsere alte Jazzlesung kam nicht mehr in Frage. Und es gab noch keine Berlin-Texte, die ich hätte vorlesen können. Nur Zeichnungen. Trotzdem fingen wir an zu proben. Es war schrecklich. Und es war klar, wir brauchen Hilfe. Die kam zum einen von unserem bühnenerfahrenen Freund Tobias Karsten und zum anderen von meiner Frau.

Tobias gab mir den scheinbar simplen Tipp: „Konzentrier dich auf das, was du richtig gut kannst.“ Und meine Frau interpretierte das dann so: „Ok, dann zeichnest und bebilderst du die Show. Und Texte zeigst du auch nur in geschriebener Form. Du sprichst die ganze Zeit kein einziges Wort.“ Ich war erst mal baff. Aber dann besorgte ich mir Kamera und Beamer und auf einmal flossen die Ideen nur so aus uns heraus. Als die Show dann 2015 „laufen“ lernte, klappte es auch wieder besser mit der Entwicklung des Buches.

Gab es ein Vorbild für diese Art der Umsetzung, also live zeichnen als Show-Element auf die Bühne zu bringen? Oder ist das alles eure eigene Idee gewesen?

Robert: Mir schwebte eine Art Nummern-Revue vor, die uns erlaubte, alles auszuprobieren, worauf wir Lust hatten. Unterhaltsam sollte sie natürlich sein, was erzählen, und vor allem sollte alles handgemacht sein. Neben Live-Zeichnungen träumte ich von Scherenschnitt, Sandmalerei, Kartentricks, UV-Farbe, Papier-Klapp-Mechanismen, Sportmoderationen, Papierfliegern, und natürlich dem maßgeschneiderten Live-Soundtrack – alles in einer Show! Bis heute kenne ich eigentlich kein Showformat, das dem unseren ähnelt. Am ehesten vielleicht noch die „Diamond Road Show“.

Wenn ihr – gestützt auf die Erfahrungen dieser zehn Jahre – die Show heute noch einmal von Neuem beginnen könntet: Was würdet ihr anders machen und was würdet ihr ganz genauso wiederholen?

Lotta: Wir haben ja gerade erst eine Show von Neuem begonnen: „Paper Moon“! Hier haben wir direkt das Licht und den Ton mitgedacht. Und auch die Kostüme. Das war am Anfang mehr so Wildwuchs.

Robert: Und die Logistik! Bei „Paper Moon“ habe ich beispielsweise von Anfang an alle ca. 500 Zettel auf den Rückseiten mit Farbsystemen durchnummeriert, und alle Showutensilien bekommen einen festen Lagerplatz im Paradies (so der Name meines neuen, großen Lagerkellers).

Christoph: Ich würde definitiv viel früher mein Vertrauen in die kreative Kraft der Gruppe legen. Ich würde versuchen, weniger skeptisch zu sein und dafür mehr Spaß zu haben! Das ist mir bei „Paper Moon“ auch gut gelungen. Aber egal was du beginnst: Jeder Neuanfang ist mit einem neuen Lernprozess verbunden, da ist die neue Show auch keine Ausnahme.

Wie sehr hat sich eigentlich euer Fundus, beispielsweise an Kleidern der 1920er Jahre vergrößert in all der Zeit?

Lotta Stein hat sich manche ihrer Kleider im Stil der 1920er Jahre selbst genäht. (Foto: Thomas Hölscher)

Lotta: Sehr. Ich habe ja auch einige Kleider selbst genäht, das hat viel Spaß gemacht! Da mir diese Ära sowieso gut gefällt, konnte ich die Klamotten auch auf anderen Veranstaltungen tragen – zum Beispiel bei den Bohème Sauvage Parties.

Christoph: Mein Kleiderfundus hat sich gar nicht sooo riesig vergrößert. Definitiv hat sich aber mein Fundus an Geschichten und Wissen über die 20er Jahre vergrößert. Einmal durch die wirklich sehr guten Texte von Boris Pofalla in Roberts Buch, aber auch durch den Roman „Liebe in Zeiten des Hasses“ von Florian Illies. Diese Bücher haben meine Neugierde und meinen Wissensdurst befeuert. Durch diese Bücher habe ich Mascha Kaleko oder Kurt Tucholsky überhaupt erst richtig für mich entdeckt. Bezüglich unser 20er Jahr Bühnenkleidung ist natürlich unvergesslich unser gemeinsamer Shoppingausflug nach einem Gig in Berlin. Wir sind zusammen in einen Laden in Charlottenburg gegangen, der sich auf 20er Jahr spezialisiert hatte, dort haben wir stundenlang Kleidung ausprobiert und sehr viele Sachen gekauft. Anschließend sind wir pleite, aber glücklich mit unseren neuen Sachen nach Münster zurückgefahren.

Robert: Haha, stimmt. Das war im Hilton Hotel bei einem Kongress morgens um 8:00. Die Gage war damals gigantisch, und dann nachmittags schon wieder weg.

Wer die Show schon mehrmals gesehen hat, weiß, dass immer wieder neue Elemente hinzukommen. Wird sie dadurch immer länger oder fällt dafür was anderes unter den Tisch? Falls ihr euch von einzelnen Szenen trennt: Welche sind es und warum?

Lotta: Einmal haben wir eine Nummer entwickelt, in der es um Prostitution in Berlin der 20er geht. Sie war ultra-aufwändig in der Entwicklung. Wir haben sie dann einmal im Pantheon getestet und danach nie wieder angefasst. Irgendwie hat sie einfach nicht funktioniert.

Robert: Ich war so geknickt, da ich ja schließlich mehrere Wochen für die Nummer recherchiert, gezeichnet, gebastelt und getüftelt hatte. Aber sie passte einfach nicht rein. Später konnte ich den Mechanismus zum Glück für eine andere Show („Candide“) recyceln.

Christoph: Es gibt Nummern, die haben uns beim Proben wahnsinnig viel Spaß gemacht. Live haben sie sich dann aber im Vergleich zu anderen Stücken etwas blasser gewirkt. Manchmal ist das auch schwierig, weil das manchmal von jedem Einzelnen auch anders empfunden wird. Aber dann nehmen wir Rücksicht aufeinander, bis dann tatsächlich alle zu einem Stück „Goodbye“ sagen können, bleibt es im Programm. Unser tanzender Pharao ist zum Beispiel so eine Nummer. Von den einen als genial deklariert ist er für andere höchstens eine Realschulperformance, die eigentlich ausschließlich auf einem Jugendherbergszimmer einer 10er Klassenfahrt dargeboten werden dürfte. So unterschiedlich können da die Wahrnehmungen sein.

Mich hat die Show immer ein wenig an eine Nummernrevue erinnert, wie sie in den 1920er Jahren nicht unüblich war. Ein anderer Autor bei ALLES MÜNSTER hat dadurch aber einen roten Faden vermisst. Außerdem fand er die Szene mit dem Bananentanz à la Josephine Baker etwas zu albern – hört ihr öfter solche Kritik und wie geht ihr damit um? 

Lotta: Es kann nie allen alles gefallen, und das ist auch gut so. Bei einigen Nummern wissen wir im Vorfeld, dass sie polarisieren (übrigens auch innerhalb des Teams). Bei dem Bananentanz war es so, dass wir einfach mit unseren Freunden, die sich sich die Nummer anlässlich Roberts Hochzeit ausgedacht hatten, die Bühne teilen wollten. Eine schöne, verrückte Gemeinschaftserfahrung!

Christoph: Ich habe diese Kritik tatsächlich total interessant gefunden, weil sich der Autor wirklich mit unserer Show auseinandergesetzt hat und genau beobachtet hat, und das alleine finde ich toll. Aber letztlich fand ich das jetzt nicht sooo wichtig. Ich persönlich habe die Baker Boys immer großartig gefunden. Aber ich mochte ja auch immer den tanzenden Pharao. Lotta hat schon recht: Du kannst nie alle gewinnen. Die Baker Boys sind aber nicht wegen dieser Kritik nicht mehr in unsere Show. Wichtige Frage übrigens: Warum sind die Baker Boys eigentlich nicht dabei? Ehrlich gesagt: Wir wissen es doch selber nicht so genau! Haben die zu viel zu tun? Sind sie in New York, Hollywood oder in Dubai? Keine Ahnung? So – hiermit möchte ich sagen: Liebe Baker Boys, falls ihr das hier lest: Ihr seid die Schönsten! Ihr seid die Besten! Und ihr seid die lustigsten Baker Boys, die ich mir überhaupt vorstellen kann. Dicken Gruß an die Baker Boys! Ihr könnte gerne immer wieder in Bananenröckchen Radschlag auf der Bühne machen, wir finden das sehr, sehr, sehr lustig!

Wisst ihr überhaupt noch, wie oft ihr die Show aufgeführt habt? An welche Aufführungsorte erinnert ihr euch besonders gerne?

Lotta: Wie oft – keine Ahnung! Hundertfünfzig Mal? Sie ist ja aber durch die unterschiedlichen Besetzungen immer ein bisschen anders. Mit am Schönsten war es auf Schloss Elmau, ein Fünf Sterne Plus Hotel. Da durften unsere Familien mit, und die Kinder beknien uns immer noch, dass wir dort mal wieder spielen müssen. Die haben da sechs Pools!

Robert: Eins meiner Highlights war einer unserer ersten Auftritte bei der Didacta Messe. Wir spielten auf einem Messestand unseres Sponsors, es war taghell und nur 5-6 Zuschauer, die aus Versehen stehen geblieben waren. Wir kamen in voller Montur und Elan. Nach dem ersten Lied gab es einen(!) Applaus. Also ein Zuschauer klatschte einmal in die Hände, sah, dass er der einzige war, und erstarrte. Das war so herrlich erniedrigend, dass ich bis heute laut lachen muss, wenn ich daran zurückdenke.

Christoph: Die schönste Show war im Pantheon im Bonn als ich krank war und mir ein sehr netter Mensch einen heißen Ingwer Tee gemacht hat und alle gesagt haben: Du bist stark! Du schaffst das! Und dann habe ich es auch geschafft.

Auf welche neuen Dinge dürfen wir uns am 26. Juni freuen?

Lotta: Es wird sportlich, Caruso wird zu Besuch kommen, all unsere Mitmusiker geben ein Ständchen, ein geheimnisvolles elektrisches Instrument hat einen Gastauftritt und die Männer werden zum Teufel gejagt! Mehr verrate ich nicht!

Christoph: Weil es unsere Jubiläumsshow ist, kommen auch die Nummern ins Programm, die eigentlich schon aussortiert worden sind. Der tanzende Pharao zum Beispiel ist wieder auferstanden! Wir freuen uns riesig auf den Auftritt im Großen Haus! Es ist uns eine Ehre, dort zu spielen.

(Foto: Thomas Hölscher)
Tickets für die Show „Ein Rätselhafter Schimmer“ am kommenden Donnerstag (26. Juni 2025) im Großen Haus des Theater Münster die könnt ihr euch über die Homepage des Theaters besorgen.

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