Wer Dosen nicht öffnen kann, wird erschossen

Die Sprache zwischen Mary (Mareike Fiege), Tom (Shaun Fitzpatrick) und Tomtom (Schneider) ist die der Gewalt. (Foto: Erich Saar)
Die Sprache zwischen Mary (Mareike Fiege), Tom (Shaun Fitzpatrick) und Tomtom (Schneider) ist die der Gewalt. (Foto: Erich Saar)

„Der Tod ist wie ein kleiner Orgasmus, das letzte große Abenteuer“, klingt es am Anfang, und schon sitzen zwei halbentblößte Jugendlichen mit Schnellfeuergewehren im Keller und lamentieren, spielen sich auf als Herr über Leben und Ableben, steigern sich hinein in Allmachtsfantasien. Die Produktion „Heil Underground“ von Hartmann und Konsorten feierte am Donnerstag Premiere im Pumpenhaus.

Texter und Dramaturg Dirk Spelsberg hat ganze Arbeit geleistet. Wirre Gedankengänge der Protagonisten Tom und Tomtom entwickeln ein Eigenleben, begünstigt von einem gewissen Außenseiterleben, fernab von der Gesellschaft in einer amerikanischen Kleinstadt. Charles Manson gilt als eines der Vorbilder, ein amerikanischer Krimineller, der so ziemlich alle Gewalttaten begangen oder angeordnet hat.

Und während die beiden jungen Männer, übrigens großartig gespielt von Shaun Fitzpatrick und Schneider, sich langsam aufschaukeln und in Gewaltexzessen ergehen, plagt sie der Hunger. Sie bestellen Pizza, extra scharf.  Schopenhauer und überhaupt die großen Philosophen – man gibt sich gebildet, die Pizza wird von der Botin Mary geliefert – zu einem Zeitpunkt, da die Umsetzung der Fantasien in die Realität fast zwangsläufig erscheint. Da hat sie einfach Pech gehabt. Aber wenn man auch so unbeholfen Getränkedosen öffnet. Das ist jedenfalls Grund genug, die junge Frau zu erschießen. Weder mit Blut noch lauten Schüssen wird gespart. Und Mary – so erscheint es vordergründig – stirbt oft, da rinnt das Blut anfangs aus der Schläfe, aus Brust und Oberkörper. Irgendwann ist alles blutgetränkt und aus Mary wird die Lehrerin, die sich verbeten hat, dass ihre Schüler sie so unflätig bezeichnen, die gewagt hat, einen Aufsatz mit roter Tinte zu korrigieren.

Auch Mareike Fiege spielt in dem Drei-Personen-Stück überzeugend. Sie ist mal anklagend laut, dann wieder leise ängstlich, fast resignierend. Gewalt wird zu einem Stück Normalität, und der Widerspruch, wie verzweifelt die jungen Männer weinen, als sie von einem erschossenen Hund erzählen, während sie selbst doch so viel schlimmere Dinge tun, lässt sich nicht auflösen. Aber natürlich sind die eigenen Erfahrungen prägend. Eine Gesellschaft muss sich immer auch die Frage nach der eigenen Verantwortung stellen. Die jungen amerikanischen Männer holen zu ihrem letzten großen Coup aus.

Die nächsten Vorstellungen (ab 16 Jahre) finden Freitag, Samstag und Sonntag um 20.00 Uhr statt.

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