Was macht Mr. Scrooge in Münster?

Der junge Ebenezer Scrooge mit seiner Verliebten. (Foto: bk)
Der junge Ebenezer Scrooge mit seiner Verliebten. (Foto: bk)

Die Geschichte vom geizigen, griesgrämigen Ebenezer Scrooge, dem in der Nacht vor Weihnachten zunächst die Gestalt seines verstorbenen Teilhabers und dann weitere Geister erscheinen, gehört zu den bekanntesten Geschichten von Charles Dickens. Was in deutscher Übersetzung in endlos vielen Schulaufführungen manchmal einfach fade wirkt, ist herrlich, wenn es die American Drama Group in englischer Sprache präsentiert. „A Christmas Carol“ machte gestern Station im Theater Münster.

Dabei kann man durchaus das Gefühl bekommen, dass sämtliche Englischkurse von der Gesamtschule Münster-Mitte bis zum Heriburg-Gymnasium Coesfeld im Theater sind. Ein schlimmeres Gewusel als im Familienstück von Astrid Lindgren. Doch die Schauspieler, allen voran Garry Jenkins als Charles Dickens lassen sich nicht beirren. Dickens beginnt mit einer profanen Erklärung: „I am dead“ und dann erzählt er, dass er kein Geld hatte, als er die Weihnachtsgeschichte 1843  schrieb. Dickens prangerte wohl die Missstände im damaligen England an, aber ihn inspirierte eben auch seine persönliche Situation.

"A Christmas Carol" im Stadttheater. (Foto: bk)
„A Christmas Carol“ im Stadttheater. (Foto: bk)

Der Star des Abends, das kann man so deutlich durchaus sagen, ist Richard Clodfelter in der Rolle des Ebenezer Scrooge, der sich auch verantwortlich für die ganze Inszenierung zeigt. Zu Beginn selbstherrlich auf jedem Penny sitzend, singt er noch: „Thats not funny, they want my money.“ Bis er schließlich einen Jungen losschickt, den „biggest turkey“ zu kaufen und ihn damit zu seinem Angestellten Bob Cratchit schickt, vergehen 90 Minuten oder vier Geister. Clodfelter ist selbst nonverbal in all seinen Gesten und seinem Habitus ein Magnet. Und wenn er dann anfängt, in seinem herrischen oder weinerlichen Englisch mit dem Geist seines verstorbenen Compagnons Jacob Marley zu sprechen oder mit dem Neffen, also dem Sohn der verstorbenen Schwester, nimmt es das Auditorium völlig gefangen.

Zwischendurch blitzt immer wieder der britische Humor auf, der eben nur in Originalsprache transportiert werden kann. Die Geister der Weihnacht zeigen Scrooge Bilder aus der Vergangenheit wie die des jungen Scrooge im innigen Gespräch mit seiner früheren Liebe, die er aber gegen Geld regelrecht eintauschte. „Only shadows“ ermahnen in die Geister, als er eingreifen will.  Die Schauspieler erweisen sich als vielseitig. Jeder muss mehrere Rollen übernehmen. So spielt Michael Wagg neben Bob Chratchit noch drei andere Rollen. Als Charles Dickens schließlich zurückkommt auf die Bühne, bittet er die Zuschauer im feinsten Oxford-English, dem Nachbarn „Merry Christmas“ zu wünschen. Eine schöne, rührende und witzige Aufführung, die sogar das Gewusel zum Verstimmen bringt.

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