Wer sich von der ersten Herbstwinden und dem Schmuddelwetter nicht davon abhalten ließ, durch Münsters Innerstadt zu bummeln, hätte die fröhliche Gruppe, die sich im Restaurant „Sylt am Bült“ zusammengefunden hat, für ganz normale Gäste halten können.
Normalität ist es auch, nach dem sich viele der Anwesenden sehnen, denn hinter ihnen liegen Monate und Jahre der Ungewissheit einer Krebserkrankung. Behandelt wurden sie in der Klinik für Allgemein-, Viszeral- und Gefäßchirurgie des Clemenshospitals und deren Mitarbeiter Petra Mühlenkamp und Tim Wessels waren es auch, die diesen Abend organisiert haben. „Wir wollten uns darüber informieren, wie die Zeit nach der Operation verlaufen ist, ob es noch offene Fragen, Ängste oder Nöte gibt“, erläuterte Mühlenkamp und verwies auf die Lotsenfunktion, die sie und ihre Kolleginnen und Kollegen auch nach dem Klinikaufenthalt für die Betroffenen haben.
Die Mitarbeiterin der Krebsberatungsstelle und Psychoonkologin des Clemenshospitals, Julia Nieland, erkundigte sich nach den Ressourcen die jeder einzelne nutzt, um mit der Erkrankung fertig zu werden. Von Sport über Tanzen und Reisen bis zum Mitschmettern von Hardrockliedern reichte die Spanne der Rezepte, die manche der Betroffenen für sich entwickelt haben. Zwischen leckerem Essen und spritzigem Wein gab es für manche Gäste an dem Abend auch ein unvermutetes Wiedersehen mit ehemaligen Zimmerkollegen aus der Zeit im Krankenhaus.
Die Bestsellerautorin, Musikerin und Sängerin Sandra Lüpkes bot den Gästen im Anschluss mit einer musikalischen Lesung aus ihrem neuen Roman „Inselträume“ beste Unterhaltung, die thematisch perfekt zum Ort passte. Flügelhorn, singende Säge, Melodica und Kamm, die Multiinstrumentalistin schaffte es, mit ihrer Musik, den plattdeutschen Liedern und launigen Textausschnitten die Zuhörer schnell in den Lebensrhythmus des Insellebens zu versetzen, wo offenbar selbst Schwerverbrechen irgendwie gemütlicher ablaufen. Lüpkes stammt von der kleinen Nordseeinsel Juist und wenn sie berichtet, dass das Leben in der Nachsaison etwas von der Ruhe nach dem Sturm hat, fühlten sich viele der Anwesenden wohl auch an ihre Zeit nach der Krebsbehandlung erinnert.
Bevor sich am Ende der Veranstaltung die Teilnehmer wieder in die Ausläufer des Sturmtiefs Nannette hinauswagten, fiel der Abschied von den Organisatoren und von den Schicksalsgenossen mitunter herzlicher aus als vielleicht zuvor gedacht, eine schöne Nebenwirkung des Abends.
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