Raphaelsklinik ehrt ehemaligen Krankenpfleger als Widerstandskämpfer

An der Feierstunde nahmen Dr. Christoph Spieker (l.), daneben die Clemensschwester Reginfrieda, Verwaltungsdirektor Andreas Mönnig (r.) und Pflegedirektor Manfred Fehrenkötter (2.v.r.) sowie Schwestern und Pflegern der Raphaelsklinik teil. (Foto: Michael Bührke / Raphaelsklinik)

Mit der Umbenennung eines Seminarraums in „Jupp Henneböhl Bibliothek“ hat die Betriebsleitung der Raphaelsklinik das Andenken an einen ihrer ehemaligen Krankenpfleger geehrt, der während des zweiten Weltkriegs in den Niederlanden durch seinen unerschrockenen Einsatz viele Menschen vor der Deportation durch die Nationalsozialisten bewahrt hat.

Der 1909 in Berge bei Lippstadt geborene Josef Henneböhl kam 1931 nach Münster, wo die Raphaelsklinik gerade durch die Eröffnung eines neuen Hochhauses aufwändige Erweiterungsmaßnahmen abgeschlossen hatte. Dort traf er auch auf den Chirurgen Professor Conrad Ramstedt, mit dem er ein Gespräch über die für Henneböhl noch unbekannten Nationalsozialisten führte. Ramstedt gab ihm den dringenden Rat, sich „diesen Kerlen“ zu widersetzen. Dies war vermutlich die Initialzündung für Henneböhls spätere Taten.

1938 ging Josef Henneböhl zunächst zur Reichsbahnpolizei, vier Jahre später wurde er als „Grüner Polizist“ nach Amsterdam abkommandiert. Die „Grüne Polizei“ stellte die verhasste deutsche Besatzungsmacht in den von den Deutschen besetzten Ländern dar und war an der Umsetzung zahlreicher Verbrechen der Nationalsozialisten beteiligt. Schnell suchte er den Kontakt zum dortigen Widerstand und wurde für diesen zum wichtigen Informanten, der vor Razzien und anderen Polizeiaktionen warnte. Der wiederholten Bitte nach Waffen hat Henneböhl allerdings stets energisch widersprochen.

Henneböhl hat die Post niederländischer Familien an deportierte Angehörige über seine eigene Feldpostnummer versendet und gefälschte Genehmigungen ausgestellt, damit hunderte Amsterdammer ihre Fahrräder behalten konnten. Dies ermöglichte unter anderem den Widerstandsbewegungen, mobil zu bleiben. Zum Teil wurden seine Aktivitäten durch die SS aufgedeckt und es folgte 1943 eine rund dreimonatige Inhaftierung im niederländischen Scheveningen, der er vermutlich nur durch Glück lebend entkam.

Während großer Razzien unter anderem in Delft und Den Haag hat er hunderte bereits zusammengetriebener Niederländer unter Einsatz seines Lebens befreit, in Haarlem rettete er mit einer spektakulären Aktion über 20 Geistliche des Klosters Heemstede vor der Deportation. Sein selbstloses und mutiges Engagement wurde später von vielen Niederländern schriftlich bestätigt.

Nach dem Krieg heiratete Henneböhl die Niederländerin Franziska (Cissi) van Putten und führte mit ihr ein Tabakgeschäft in Amsterdam. Henneböhl erlangte 1962 die niederländische Staatsbürgerschaft, 1984 ehrten ihn die Niederlande mit der Verleihung des „Verzetsherdenkingskruis“ (Niederländisches Widerstands-Gedenkkreuz). 1950 erschien seine Autobiografie „Ik kon niet anders. Joep Henneböhl vertelt“ in niederländischer Sprache, 1974 wurde die deutschsprachige Version veröffentlicht. Henneböhl kehrte regelmäßig nach Münster zurück und besuchte dabei auch häufig die Clemensschwestern, denen er sich Zeit seines Lebens eng verbunden fühlte. Am 3. August 1990 starb Josef Henneböhl in Zundert (NL).

„Durch diese Ehrung ist Jupp Henneböhl gewissermaßen in die Raphaelsklinik zurückgekehrt“, wie der Leiter des Geschichtsortes „Villa ten Hompel“, Dr. Christoph Spieker, während einer kleinen Feierstunde betonte. Auch die direkte Nachbarschaft zum „Conrad Ramstedt Saal“, von dem die „Jupp Henneböhl Bibliothek“ nur durch eine flexible Wand getrennt ist, freute den Historiker mit Blick auf die enge Verbundenheit beider Persönlichkeiten.

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