Im Interview mit Rebecca und Sven von Scha(r)f im Wolfspelz

Zwei Scharfe in ihrer natürlichen Umgebung: Rebecca und Sven vom Impro-Theater. (Foto: ar)
Zwei Scharfe in ihrer natürlichen Umgebung: Rebecca und Sven vom Impro-Theater. (Foto: ar)

Euch gibt es seit über 10 Jahren – wie kamt ihr zum Improtheater, wie ist Scha(r)f im Wolfspelz überhaupt entstanden?

Sven: Ja, das kann Rebecca deutlich besser berichten, da sie Scha(r)f im Wolfspelz mitbegründet hat – ich bin erst später dazugekommen.

Rebecca: Also Scha(r)f im Wolfspelz hat ursprünglich mal angefangen als ein Wahlpflichtkurs der Fachhochschule Münster und da konnte man statt töpfern oder mit Metall oder Holz arbeiten auch unter anderem Improvisationstheater machen. Da haben wir uns gefunden, das hieß dann auch „Wahlpflichtkurs Improvisationstheater II“ oder irgendwas und dann haben wir da eine Aufführung gemacht und haben danach beschlossen, weil einfach die Gruppe so cool war, weiterzumachen. Und dann haben wir nach einem Namen gesucht, uns einen Trainer gesucht und sind noch knapp an dem Namen „Mutterkuchen und Hodenkrebs“ vorbeigeschrappt und haben uns schließlich für Scha(r)f im Wolfspelz entschieden. Im Nachhinein (lacht) bin ich dafür sehr dankbar, dass wir den Namen gewählt haben!

Sven: 2006 haben wir Improvisationstheater beim Hochschulsport miteingeführt und aus dieser Quelle heraus, wo wir im Moment 200 Teilnehmer pro Semester haben, haben wir das große Glück, dass die besten Schauspieler dann tatsächlich den Weg zu uns finden und gefunden haben – dazu gehören z. B. Betty Machado und Hannah Hardenberg. Volker Bisping spielt auch schon weit über 10 Jahre Improvisationstheater, hat lange Zeit in Freiburg gespielt. Aber wir sind nicht nur schauspielerisch gut aufgestellt, sondern haben natürlich auch hervorragende Musiker wie Gordon Muth, einen Schlagzeuger, der in verschiedenen Bands gespielt hat und sich inzwischen darauf konzentriert in seiner Hauptband Pennsilmania und bei uns, Scha(r)f im Wolfspelz, Musik zu machen. Mit Christian Berlin haben wir einen Musiker, der auch mit unterschiedlichen Instrumenten umgehen kann – ob Klavier, Gitarre oder Percussions – der ist da überall gut aufgehoben. Aber auch unsere Schauspieler haben musikalischen Einschlag, sowohl Volker am Klavier als auch Betty an der Gitarre, so dass wir immer wieder übers Jahr auch reine Musikshows bringen können, was uns auszeichnet. Und wir können schon mal trailern, im Herbst wird der 4. Schauspieler aus dem Hochschulsport zu uns kommen, aber wir verraten noch nicht, wer es ist. Aber ein sehr talentierter, junger Herr – sein Vorname ist Henrik! 

Sven und Rebecca Stratmann verbinden ihre Leidenschaft fürs Improvisieren mit dem Beruf. (Foto: ar)
Sven und Rebecca Stratmann verbinden ihre Leidenschaft fürs Improvisieren mit dem Beruf. (Foto: ar)

Warum Improvisationstheater – was ist das Besondere daran im Vergleich zum „normalen Theater“?

Sven: Also einer der größten Unterschiede zwischen Improvisationstheater und klassischem Theater ist, dass wir beim Improvisationstheater einfach in dem Moment drauflos spielen, wir müssen keine Texte auswendig lernen, keine Rollen einstudieren. Man verbringt praktisch nicht Monate damit, immer wieder das Gleiche zu üben bis man das perfekt beherrscht. Beim Improvisationstheater dürfen wir Fehler machen, es geht einfach nur darum, in dem Moment mit der Situation umzugehen und vor allem spontan zu sein, schnell zu reagieren und daraus dann komplexe Dinge entstehen zu lassen. Am Anfang war es eine riesige Sache zum Thema Comedy; wir haben unheimlich viel gelacht und Spaß gehabt. Inzwischen können wir zwei-, dreistündige Theaterstücke spielen, die komplett improvisiert sind und auch sehr tiefe Rollen haben. Wir können uns mit aktuellen Themen beschäftigen, teilweise das, was am letzten Wochenende passiert ist direkt auf die Bühne zaubern – ohne, dass wir dafür monatelang für Proben verbringen und die Themen schon wieder kalt sind, bevor wir uns damit beschäftigen. Das sind die Riesenvorteile von Improvisationstheater und deswegen gehe ich dem auch mit Leidenschaft nach. 

Ihr macht auch Improtheater mit Kindern – was ist denn das Besondere an Improvisationstheater mit Kindern? 

Sven: Wenn man Improvisationstheater für oder mit Kindern spielt, muss man halt wirklich auf die Zielgruppe eingehen. Kinder verstehen Theater häufig etwas anders und Kinder müssen auch stärker einbezogen werden. Wenn wir zum Beispiel Theater für Kinder machen, dann sehen wir zu, dass wir die Kinder auch mit auf die Bühne holen können, dass wir zwischendurch Dinge auch im Publikum machen, dass sie ein bisschen Bewegung haben. Außerdem ist es auch wichtig, dass man sich nicht über Kinder lustig macht. Erwachsene neigen dazu, wenn sie Kinder spielen kindlich zu sein – dabei sehen sich Kinder selber eher häufig schon fortgeschritten oder als Erwachsene und erst dann fühlen sie sich wirklich ernstgenommen und wahrhaftig auf der Bühne verkörpert. Das sind so Dinge, die es etwas schwieriger machen beim Improvisieren für die Schauspieler, die aber unheimlich viel Spaß machen, weil Kinder sind auch mit großem Engagement dabei, wenn man sie mit auf die Bühne nimmt – das ist eine Erfahrung, die man sonst so nicht bekommen kann. 

Rebecca: Kinder sind auf jeden Fall echt, d. h. sie sagen dir, ob sie es gerade Klasse finden oder total langweilig, auch in dem Moment. Und das ist sehr gut, man muss sich darauf aber auch erstmal einstellen. Kinder mögen gerne unser körperliches Improvisationstheater und sie gehen unglaublich gut mit. Es gibt ein paar Regeln von Kindertheater, die man beachten muss, z. B. dass sie jetzt keine Ironie unbedingt haben wollen und nicht viele Schnitte und es muss gar nicht so kompliziert sein, aber wie Sven schon sagte: das Improvisationstheater muss viel aus der Sicht der Kinder sein und es darf auf gar keinen Fall von oben herab sein. Das kann ja keiner leiden und die Kinder erst recht nicht.

Sind für jeden Blödsinn zu haben: Sven und Rebecca Stratmann. (Foto: ar)
Sind für jeden Blödsinn zu haben: Sven und Rebecca Stratmann. (Foto: ar)

Ihr habt beide studiert – Rebecca, Du bist Diplom-Sozialpädagogin, Sven ist Diplompädagoge: inwieweit war euer Studium hilfreich fürs Improvisationstheater, inwieweit fließt das heutzutage mit ein?

Sven: Ich denke mal, jeder kann vom Grundprinzip her Improvisationstheater spielen, das hat nichts mit der Ausbildung zu tun – wenn, dann wäre eine Schauspielausbildung mit Sicherheit hilfreicher als das, was wir gemacht haben. Das bedeutet, der Studiengang ist nicht zwangsweise an dem gebunden, ob man Improvisationstheater spielen kann oder nicht, das sieht man auch bei den anderen Gruppenmitgliedern: Wir haben eine Richterin, einen Anwalt – das sind jetzt auch nicht die bekannten kreativen Berufe. Ich sehe es eher umgekehrt: Improvisationstheater belebt eigentlich unseren Beruf ein bisschen, d. h. wir können Methoden aus dem Improvisationstheater immer wieder im beruflichen Alltag integrieren und Improvisationstheater dafür verwenden, unseren Beruf auszuleben. Zum Beispiel verwende ich das bei Weiterbildungsmöglichkeiten, wenn ich mit Gruppen arbeite, mit Jugendlichen, mit Kindern, mit Erwachsenen – es dient zur Auflockerung der Situation, es dient dazu, dass sie sich selbst spiegeln können. Man kann dafür auch Themen im Bereich Unternehmenstheater nutzen, wir machen auch Management-Seminare, vieles, was dort gelernt wird, praktisch „Wie gebe ich mich selber“, „Wie kann ich zu bestimmten Personen herübergehen“ – geht auch in die Richtung Rollenspiel und andere Bereiche. Und gerade für Unternehmen, für Weiterbildung, für Management-Seminare ist Improvisationstheater unheimlich wertvoll.

Rebecca: Ich habe beispielsweise Improvisationstheater in der Psychiatrie schon gemacht, mit Suchtkranken, die sich in Therapie befanden. Da konnte ich das Improvisationstheater gut in meinen Beruf mit einbringen und nutzen, um Leute dazu zu bringen, sich auf andere Art und Weise zu reflektieren, ihrer Weltsicht klar zu werden, die mit anderen auszutauschen. Dafür ist es sinnvoll und überhaupt im Bereich Suchtprävention machen wir auch viel mit Improvisationstheater, also da gibt es sehr viele Möglichkeiten. 

Kommenden Freitag findet die FSK-18-Show statt, im Kleinen Bühnenboden tretet ihr auf. Was erwartet uns da?

Rebecca: Wenn wir das nur wüssten! Einiges! Also die FSK-18-Show wird wieder extrem, glaube ich. Sie wird schmutzig, sie wird heftig – was erwartest du, Sven?

Sven (mit düsterer Stimme): Wir zeigen halt all das, was um den guten Geschmack zu wahren in den anderen Shows verborgen bleibt! Immer dann, wenn man normalerweise ausblendet, blenden wir ein und wir zeigen all die dunklen und verborgenen Fantasien unseres Publikums, denn (spielt den Unschuldsengel) schlussendlich spielen wir ja nicht das, was wir gerne spielen wollen, sondern wir spielen nach Vorgaben des Publikums! Und wir sind sehr gespannt, was in den Tiefen unseres Publikums verborgen liegt und wir dann auf die Bühne zaubern – eure finstersten und tiefsten Gedanken und Ideen – all das, was ihr versucht zu verbergen, werden wir auszugraben!

Also schonungslos wie immer?

Sven und Rebecca: Genau!

 

Die FSK-18-Show - Sex, Gewalt und Rock'n'roll. Heute ist alles erlaubt!
Freitag, 19. 6. 2015 um 20:30 Uhr
Kammertheater Der Kleine Bühnenboden, Schillerstr. 48a, 48155 Münster
Einlass ab 20:00 Uhr
Preise: 10€, erm. 7€ 
Tickets unter 0251/661759 oder info@derkleinebuehnenboden.de

 

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