Gruthaus: Bier wie vor 500 Jahren

Philipp Overberg (l.) und Jan Kemker (r.) haben mit ihrem "Dubbel Porse" das Bier des Mittelalters wieder zum Leben erweckt. (Foto: mb)
Philipp Overberg (l.) und Jan Kemker (r.) haben mit ihrem „Dubbel Porse“ das Bier des Mittelalters wieder zum Leben erweckt. (Foto: mb)

Das Pumpernickel-Porter gehört schon längst zum festen Inventar münsterscher Bierkultur, ebenso wie das Münsterländer Hanf oder seit kurzer Zeit der Helle Honigbock. Gebraut werden diese leckeren Biere von Philipp Overberg von der Gruthaus Brauerei.

Pumpernickel, Hanf oder Honig, gehört das in ein ordentliches deutsches Bier? Wer in Overbergs Nähe das Wort „Reinheitsgebot“ äußert, bewegt sich auf dünnem Eis. Bevor nämlich mit dem Hopfen die Monokultur in die Bierproduktion Einzug gehalten hat, wurden unterschiedliche und zum größten Teil geheime Kräutermischungen zum Bierbrauen verwendet, die Grut genannt wurden. Diese alten Mischungen in detektivischer Kleinarbeit zu rekonstruieren, hat sich Overberg auf die Fahne geschrieben. „Die älteste Urkunde, die ich zur Biertradition in Münster finden konnte, ist aus dem Jahr 1480“, berichtet Overberg. Dabei handelte es sich gewissermaßen um einen historischen Einkaufszettel, aus den bestellten Mengen hat Philipp Overberg die Zutaten des damaligen münsterschen Grutbiers rekonstruiert und mit Jan Kemker aus Alverskirchen den richtigen Brauereibetreiber gefunden, um das Projekt „Dubbel Porse“ umzusetzen. Das Ergebnis haben Overberg und Kemker während des internationalen Grutbiertags gestern im „Braukunstwerk“ an der Warendorfer Straße den gespannten Bierfans präsentiert.

Jan Kemker und Philipp Overberg berichten den Bierfans im Braukunstwerk von ihrem Grutbier "Dubbel Porse". (Foto: mb)
Jan Kemker und Philipp Overberg berichten den Bierfans im Braukunstwerk von ihrem Grutbier „Dubbel Porse“. (Foto: mb)

„Denkt am besten nicht an Bier, wenn ihr das Grutbier von Gruthaus probiert, sondern eher an Cidre oder Champagner“, bereitet Overberg die Gäste vor. Die Mischung aus Weizen, Hafer, Gagel (mittelniederdeutsch „Porse“), Wacholder, Kümmel, Hanf und wenig Hopfen steigt angenehm würzig in die Nase, beim ersten Schluck kommt dann die Überraschung, das Bier schmeckt säuerlich, ähnlich einem trockenen Cidre. „Das Bier wurde mit verschiedenen, teilweise wilden Hefekulturen vergoren, mit Brettanomyces und Lactobazillen. Das sind die, von denen der Joghurt sauer wird“, erläutert Kemker, der Spezialist für historische Gärverfahren ist. Dabei bleibt vieles dem Zufall überlassen, welche Hefekulturen und welche Lactobazillen den Weg ins Bier finden, regelt überwiegend die Natur. Je nachdem, was in der Luft gerade unterwegs ist. „Dieses Bier wurde ziemlich genau so gebraut, wie vor etwa 500 Jahren“, bestätigt Jan Kemker.

„Dieses Bier wurde ziemlich genau so gebraut, wie vor etwa 500 Jahren.“

Das Grutbier hat einen kleinen aber engagierten Fankreis, das „Dubbel Porse“ wurde von den beiden Bierenthusiasten sogar bis in die USA versendet. Das Bier wurde von den beiden von Hand in Flaschen abgefüllt und kann in Münster beim Braukunstwerk oder bei Getränkefeinkost an der Steinfurter Straße gekauft werden. Ein billiger Spaß ist das nicht, wer aber wissen möchte, wie das Bier unserer Vorfahren geschmeckt hat, sollte die Investition nicht scheuen.

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