„Sträter, wir müssen reden!“

Torsten Sträter erzählt seine greifbaren und wahnwitzigen Alltaggeschichten. (Foto: wf / Weber)
Torsten Sträter erzählt seine greifbaren und wahnwitzigen Alltagsgeschichten. (Foto: wf / Weber)

Hat er gemacht: Und zwar zweieinhalb Stunden lang. Am Stück. Ohne Punkt und Komma. In einem Irrsinnstempo. Vor dem Auftritt am Donnerstag auf sein Programm angesprochen, was er denn vorhabe, antwortet Torsten Sträter, der Mann mit der Strickmütze, lakonisch: „Den selben Scheiß wie immer!“

Konsequent ist er ja, der Torsten Sträter. Mit kleiner Verspätung – das aktuelle Programm heißt wohl nicht zufällig „Es ist nie zu spät, unpünktlich zu sein“- beginnt ein verbaler Sprachmarathon, zu dessen Beginn der ganz in schwarz gekleidete Mann aus dem Ruhrgebiet erst einmal klar macht (und dabei scheinbar mühelos improvisiert), dass er heute nicht über sein „Diättagebuch“ schwadronieren wolle. Dafür erfährt das Publikum in der ausverkauften Aula am Aasee allerlei Wissenswertes über den „Hustinettenbär“, Sträters wahrhaft tiefgehende Untersuchung beim Urologen sowie über die Existenz des einzig noch verbliebenen bundesdeutschen Schlecker-Marktes in Waltrop, Sträters Geburtsort und letztendlich Wahlheimat sämtlicher Feingeister eines Schlages.

Kabarettist Sträter klärt über die "Hottentotten" auf. (Foto: wf / Weber)
Kabarettist Sträter klärt über die „Hottentotten“ auf. (Foto: wf / Weber)

Über die Verwechslungsgefahr von Personenwaagen mit Staubsaugerrobotern nähert sich der ehemalige Poetry-Slammer – es ist mittlerweile 20.35 Uhr – allmählich seiner ersten vorzulesenden Geschichte. Im Flieger nach Malle wird der Bordfilm „King Kong gegen Godzilla“ immer wieder von nervigen Durchsagen seitens der Crew unterbrochen. Da der Film dann schlußendlich während des Fluges nicht zu Ende gezeigt werden konnte, wendet sich der besorgte und Inhalte stets hinterfragende Sträter beim Verlassen des Fliegers vertrauensvoll an die Flugbegleiterin Frau Lehmkühler mit der für ihn existenziell wichtigen Frage: „Hat King Kong überlebt?“ Gleichermaßen irritiert wie pikiert antwortet die perplexe Stewardess: „Ihre Probleme möchte ich haben!“

Auch Passagen aus dem "Afrika-Tagebuch" dürfen nicht fehlen. (Foto: wf / Weber)
Auch Passagen aus dem „Afrika-Tagebuch“ dürfen nicht fehlen. (Foto: wf / Weber)

Die Probleme des Ruhrpottlers sind greifbar wahnwitzige Alltagsgeschichten und sozialkritisch gefärbte gesellschaftliche Beobachtungen in einer Zeit, in der die Menschen immer schneller ticken müssen, um dem Tempo des alltäglichen Hamsterrades entgegenwirken zu können. Dann wird es kurz politisch: Abzuschiebende Asylbewerber verniedlichend als „Schüblinge“ zu bezeichnen, sei ja wohl klarer Kandidat für das „Unwort des Jahres!“ Da widmet sich Sträter doch lieber den Lieblingsfloskeln seiner verstorbenen Mutter wie „Das fehlt mir noch in meiner Raupensammlung“, „Das Zimmer räumt sich nicht von alleine auf!“ oder der sprachhistorischen Herkunft des Begriffes „Hottentotten“.

Zu letzterem geht es nach der Pause abermals sprachlich rasant auf Reisen: Sträters „Afrika-Tagebuch“ ist Anarchoklamauk in Reinkultur, das Publikum biegt sich mittlerweile vor Lachen auf seinen Klappsitzen und erlebt ein multitaskingaffines Sprachgenie, wie es die aktuelle Comedyszene nur alle Lichtjahre hervorbringt. Ein Abend der Extraklasse – die Halle Münsterland ist schon jetzt für den März 2019 (!) gebucht.

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