„Schloss Classix“ eröffneten mit üppigem italienischen Abend

Mitveranstalter Tim Eberhardt, Künstlerischer Leiter der Friedenskapelle, eröffnete mit der Neuen Philharmonie Frankfurt die ersten "Schloss Classix". (Foto: sg)
Mitveranstalter Tim Eberhardt, Künstlerischer Leiter der Friedenskapelle, eröffnete mit der Neuen Philharmonie Frankfurt die ersten „Schloss Classix“. (Foto: sg)

Lässt sich in diesem durchwachsenen Sommer italienisches Flair nach Münster zaubern? Am Freitagabend ist das tatsächlich gelungen, die Neue Philharmonie Frankfurt hat die ersten „Schloss Classix“ mit ihrem Programm „Italia, mi amore!“ stimmungsvoll eröffnet. Wichtige Zutaten zu diesem leckeren Menü waren bekannte Arien von Verdi und Puccini, Film-Musik von Nino Rota und Ennio Morricone, sowie hervorragende Solisten.

Der Abend kam einem mediterranen Mahl ziemlich nahe: der erste Teil war wie eine bunte Tafel voller Antipasti. Und das lag nicht nur an den launigen Moderationen, die der Künstlerische Leiter Neuen Philharmonie Frankfurt Dr. Ralph Philipp Ziegler zwischen die einzelnen Musiken über die jeweiligen Komponisten, aber auch zu Themen wie Wein-Konsum oder Tiefkühlpizza einstreute. Schon der erste Titel, die Overtüre aus Gioachino Rossinis Oper „Der Barbier von Sevilla“, ließ darauf hoffen, dass der Abend lecker wird. Das Publikum war im Nu eingestimmt – und das lag nicht nur am überraschend lauschigen Wetter und dem Blick auf die barocke Kulisse von Münsters Schloss, sondern vor allem am hervorragend eingespielten Orchester unter der Leitung des Dirigenten Steven Lloyd Gonzalez.

Sopranistin Julia Sukmanova und Tenor Sebastiano Lo Medico begeisterten vor allem mit Puccini-Arien. Dirigent Steven Lloyd Gonzalez hielt alles im Griff. (Foto: sg)

Das Repertoire dieses bunten Vorspeisentellers erstreckte sich von bekannten Verdi-Arien und dem unverwüstlichen „O Sole Mio“ über ein Medley mit Film-Themen von Nino Rota bis hin zu einer Rock-Crossover-Bearbeitung der gerade passenden Jahreszeit aus Vivaldis berühmten Zyklus, hier als „The Summer: Reloaded“. Dieser Titel, bei dem sich elektrisch verstärkte Geige und E-Gitarre als Solo-Instrumente ebenso abwechselten wie Rock und Barock, war allerdings der einzige, der nicht jeden überzeugte. Ein Hochgenuss war dagegen das fein arrangierte, lange Medley von Melodien, die Nino Rota einst für die Filme von Federico Fellini komponiert hat. Auf die bekannte Melodie mit der (tatsächlich so angekündigten) „traurigen Trompete“ aus „La Strada“ (von 1954) folgte der lustige, leicht schräge Zirkusmarsch aus dem Film „Achteinhalb (Otto e mezzo)“ (1963), mit einem Flötensolo ging es nahtlos über in das verträumte, bluesbetonte Titellied aus „Amarcord“ (1973).

Der künstlerische Leiter Dr. Ralph Philipp Ziegler (li.) preist den „Teufelsgeiger“ Ludger Vollmer. (Foto: sg)

Was das Publikum der Schloss Classix im Laufe des Abends immer mehr zu Stürmen der Begeisterung getrieben hat, war aber der Gesang der Sopranistin Julia Sukmanova und des kurzfristig eingesprungenen Tenors Sebastiano Lo Medico – ein waschechter Sizilianer, der seit einigen Jahren in Münster lebt und an diesem Abend sicher neue Verehrer gefunden hat. Erstaunlich gut kamen ihre ausgebildeten Stimmen über Mikrophone und Lautsprecher, die bei Operngesang eigentlich widersinnig, bei Open Air-Konzerten aber unvermeidlich sind. In die Pause ging es mit dem bisher bestverkauften Duett, bei dem sich die Welten von Klassik und Pop berührt haben, „Time To Say Goodbye“. Nicht zufällig wurde dieses durch Andrea Bocelli und Sarah Brightman berühmt gewordene Lied ausgewählt, denn die Neue Philharmonie Frankfurt hatte als eines ihrer ersten Projekte ab 1999 die Sopranistin Sarah Brightman mehrmals bei ihren Europatourneen und Gala-Auftritten begleitet und damit ihren Ruf als führendes Crossover-Orchester begründet.

Nach der Pause, in der so mancher Gast Penne verzehrte, ging es zum eigentlichen Hauptgericht des Abends, il dolce. Es wurde tatsächlich ein üppiger Nachtisch gereicht. Unter dem Titel „MAFIA! – Die Rückkehr des Belcanto“ bekamen wir eine unterhaltsame Geschichte erzählt, haarsträubend hanebüchen und doch irgendwie rund. Tatsächlich saß nun ein Erzähler auf der Bühne, Gerhard Fehn, als Schauspieler hier und da und auch mal im „Wilsberg“ zu sehen, aber vor allem für seine Stimme in Hörspielen bekannt. An einem Restauranttisch mit Wein sitzend gab er in kleinen Häppchen die Geschichte von Don Giacomo Belcanto zum besten, der sich nach seiner Giulia sehnte und dabei mit dem finsteren Don Alberto Arrabiata anlegte. Der Kampf der beiden Sizilianer gipfelte in einem Duell, wer wohl die höchste Note singen könnte. Die ganze Geschichte war natürlich nur ein Vorwand, um an den passenden Stellen entweder die herrlichen Film-Musiken von Ennio Morricone oder eine Arie aus den berühmtesten Opern von Giacomo Puccini einzustreuen.

Gerhard Fehn erzählte die Mafia-Geschichte von der „Rückkehr des Belcanto“. (Foto: sg)

Und da zeigte sich so richtig, wo sich die beiden Solisten wohl fühlen. Spätestens beim Duett von Julia Sukmanova und Sebastiano Lo Medico als Mimi und Rodolfo in der Arie „O soave fanciulla“ aus „La Bohème“ waren alle Zuschauer von den Künsten der beiden überzeugt. Und auch die weiteren Ausflüge in die Puccini-Opern „Tosca“ und „Turandot“ fügten sich harmonisch in die Geschichte ein. Das galt erstaunlicherweise auch für die Kompositionen von Morricone. Obwohl er die meisten davon für Spaghetti-Western wie „Spiel mir das Lied vom Tod“ geschrieben hat, wirkten sie ziemlich passend. Diese reinen Studio-Produktionen für die Leinwand hat das Orchester hervorragend auf die Live-Bühne gebracht, teilweise mit originellen Ideen für das Arrangement. So war bei dem berühmten Lied vom Tod, „The Man with the Harmonica“, nicht wie erwartet eine Mundharmonika zu hören, ihren typischen Klang haben die Orchestermusiker gemeinsam mit Flöten, Klarinette, Oboe und gestopften Trompeten erzeugt. Geradezu episch ausgebreitet wurde schließlich die Titelmelodie zum dritten Teil von Sergio Leones Dollar-Trilogie, „Il buono, il brutto, il cattivo“ (auch bekannt als „The Good, the Bad and the Ugly“ oder „Zwei glorreiche Halunken“). Insgesamt ein stimmiger Abend, der Appetit machte auf mehr Konzerte dieser Art; vielleicht werden die „Schloss Classix“ ja im nächsten Jahr auf diese Art fortgesetzt.

 

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