Akkordeon war gestern – heute ist Pohjonen

Die Pohjonen-Familie: Kimmo Pohjonen (mitte) mit seinen beiden Töchtern, Inka, (links) und Sauna (rechts). (Foto: sg)
Die Pohjonen-Familie: Kimmo Pohjonen (mitte) mit seinen beiden Töchtern, Inka, (links) und Sauna (rechts). (Foto: sg)

Vielleicht hat Kimmo Pohjonen gedacht, er müsste mit dem Münsteraner Publikum vorsichtig umgehen. Zum Eingrooven gibt es jedenfalls ebenso ein langsames Stück und zum Runterkommen nach anderthalb Stunden auch. Aber was der finnische Akkordeonvirtuose, an den Drums, Samples, an der Gitarre großartig von seinen beiden jungen Töchtern begleitet, zwischendurch auf der Bühne zeigt, zieht den Zuschauern fast die Schuhe aus.

Zum Abschluss der „Muenster Music Days 3.0“ gibt es in der Cloud noch einmal richtig was auf die Ohren. Kimmo Pohjonen scheint eine organische Verbindung mit seinem Instrument eingegangen zu sein. Farblich passt das Akkordeon hervorragend zu seinem dunklen Rock. Kimmo sitzt auf einem Klavierhocker und während er spielt, erhebt er sich, läuft, bleibt am Bühnenrand stehen, ändert die Richtung, läuft auf Inka zu, die ihn auf der Gitarre begleitet. Mit glockenklarer Stimme gibt sie Töne von sich, mal im Duett mit ihrer Schwester Saana, die ansonsten die Drums bedient, mal alleine. Sie singen nicht wirklich, also keine eigentlichen Texte, aber variieren durchaus, die Stimmen sind wie weitere Instrumente. Das verstärkt den mystischen Charakter der Musik. Schon wähnt man sich an finnischen Meerbusen zwischen Talinn und Helsinki. Merresrauschen verstärkt den Eindruck und immer wenn die Füße im Takt zu wippen beginnen, ändert sich das Tempo.

Pohjonen verlangt seinem Instrument alles ab. (Foto: sg)
Pohjonen verlangt seinem Instrument alles ab. (Foto: sg)

Manchmal glaubt man, irgendwo käme eine fremde Musik vom Band bis man Kimmos Finger auf der Tastatur des Akkordeons tanzen sieht. Keine Zeit zum Einlullen. Dann bremst Saana, indem sie den Teller ihres Schlagzeugs festhält und so ein Nachhallen verhindert. Man könnte in einem Wald in Lappland stehen. Zeit für einen Neubeginn. Akkordeon war gestern – heute ist Pohjonen. „Sensitive Skin“ heißt das neue Album, in Münsters Cloud zeigen die „Pohjonens“ die Deutschlandpremiere. Kein Wunder also, dass Zuschauer aus dem ganzen Land angereist sind. „Dankeschön, time is running fast on stage“, sagt Kimmo, aber natürlich spielen sie Zugaben, und Standing Ovations sind das Mindeste, das die Zuschauer dem finnischen Trio entgegenbringen können. Genaugenommen gibt es sogar dreifache stehende Ovationen, weil das Publikum aufsteht, klatscht, sich wieder setzt, lauscht und wieder aufsteht. Live sind die Finnen einfach der Hammer. Eine sehr gute Auswahl für den Abschluss der „Münster Music Days“.

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